Landwirte reden Klartext
  • „In der Landwirtschaft habe ich meinen Platz gefunden“ Monja Oechsle, Milchviehhalterin

     

Sie gehört zu einer jungen Generation von Landwirten, die ihren Arbeitsalltag per SocialMedia öffentlich machen. Monja Oechsle setzt konsequent auf Dialog mit den Verbrauchern und plant ihren Milchviehbetrieb über den Faktor Tierwohl zu mehr Erfolg zu führen. Und: Die junge Frau liebt ihren Beruf – auch wenn er ihr einiges abverlangt.

Nachrichten aus dem Hamsterrad Die Kluft zum Verbraucher schließen

 

Viel Arbeit, lange Tage, kaum Hilfe, überschaubarer Verdienst – und dazu noch die Kinder. Monja Oechsle liebt es, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Am Fuße der Schwäbischen Alb bewirtschaftet sie gemeinsam mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb mit knapp 90 Kühen. Auf dem Betrieb gibt es außerdem einige Zuchtbullen, Hühner und eine 75-KW-Biogasanlage. Ohne die Stromerzeugung aus dem hofeigenen Mist hätte es der Betrieb schwer. „Das Milchvieh allein trägt ihn nicht mehr, dafür ist der Milchpreis einfach zu niedrig und zu schwankend“, sagt die Bäuerin.

Ihre Arbeitstage beschreibt die junge Frau als Hamsterrad, aus dem „wir definitiv so bald nicht wieder rauskommen“. Und trotzdem:  Monja Oechsle sagt, sie hat in der Landwirtschaft ihren Platz gefunden und fühlt sich wie angekommen. „Ich war eine Woche lang hier und wollte dann eigentlich nie wieder weg“, erinnert sie sich an die Zeit, als sie ihren Mann kennenlernte, der damals schon den elterlichen Hof bewirtschaftete. Sie selbst ist dann nach und nach in die Aufgaben rund um die Betreuung der Tiere hineingewachsen. „Es ist auf jeden Fall harte Arbeit“, sagt die Mutter zweier Kleinkinder. Und die erledigt sie überwiegend allein mit ihrem Mann. An ihrem Alltag auf dem Betrieb lässt sie die Öffentlichkeit über die sozialen Medien regelmäßig teilhaben. Mehrere Tausend Menschen folgen ihr dort. Und die erleben eine Frau, die trotz Doppelbelastung durch Job und Familie für die Landwirtschaft brennt.

Genau deshalb will sie die „Kluft etwas schließen“, die sich zwischen ihrem Berufsstand und den sogenannten Verbrauchern aufgetan hat. „Beide schimpfen übereinander und es fehlt auf beiden Seiten das Verständnis für den anderen.“ Monja Oechsle sagt: „Wir müssen miteinander reden.“ Sie selbst macht den Anfang auf ihren Instagram-Kanal – und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Ihr ist es wichtig zu zeigen, dass wir „unseren Tieren und auch den Verbrauchern nichts Böses wollen“. An ihrem Beispiel sollen die Leute erkennen, dass Landwirte nicht so schlecht sind, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Dabei geht sie auch kritisch mit den Behörden um, etwa mit deren Rolle im Zusammenhang mit Tierhaltungsskandalen oder bei der Genehmigung von Maßnahmen, die dem Tierwohl oder dem Umweltschutz zuträglich sein könnten. „Wir versuchen vieles, aber wir werden oft von oben ausgebremst.“

Ob ihr Engagement in Sachen Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich ist, kann sie schwer beurteilen. In ihrem näheren Umfeld registriert sie tatsächlich einige Leute, die ihr gegenüber eine zum Positiven veränderte Sicht auf die Landwirtschaft äußern und sich beispielsweise zu einem neuem bewussteren Einkaufsverhalten bekennen. „Was ich aber in der Breite erreiche, kann ich nicht beurteilen“, sagt Monja Oechsle. Das hält sie aber nicht auf. Im Gegenteil: „Wir müssen mehr auf die Verbraucher zugehen und dürfen unsere Stalltore nicht verschließen.“ Immerhin erkennt sie hier ein Umdenken in ihrem Berufsstand. „Die Jungen öffnen sich zunehmend, aber die älteren Landwirte fühlen sich noch zu oft unverstanden und wollen nicht reden.“   

Die grüne Angst Klimaschutz verunsichert die Landwirtschaft

 

Wer die Medien verfolgt, dem könnte sich der Eindruck aufdrängen, dass sich deutsche Landwirte mit Händen und Füßen gegen Vorschläge wehren, die den Natur- und Klimaschutz voranbringen sollen. Eine zentrale Sorge scheint ein möglicher Preisanstieg für Dieseltreibstoff zu sein, gegen den Stimmung gemacht wird. Andere lehnen pauschal solche Personen und Gruppierungen ab, die sich politisch für die Umwelt einsetzen. Dabei fällt auf: Der Ton wird rauer. Monja Oechsle bleibt freundlich. „Wir sind auch nicht gerade Fans von denen“, erklärt sie. Und trotzdem: „In unserer Branche gibt es auf jeden Fall ein Bewusstsein dafür, dass sich in Sachen Umwelt- und Klimaschutz etwas verändern muss“, so die Landwirtin. Das attestiert sie vor allem der jungen Generation ihrer Berufskollegen – und solchen, die in der jüngeren Vergangenheit im Zuge extremer Wetterlagen erhebliche Ernteausfälle hinnehmen mussten. „Wenn es so viel regnet, dass dir der Mais den Buckel runterschwimmt, ist es nicht mehr lustig.“ Allerdings findet sie die Möglichkeiten der Landwirtschaft begrenzt, etwas für die Klimaschutz zu tun.

„Wir müssen mit dem wirtschaften, was wir haben“, sagt Monja Oechsle. „Wir können keine neuen Maschinen, kein neues Saatgut und keine neuen Düngemittel erfinden.“ Hier sieht sie die Industrie in der Verantwortung, der Branche Produkte an die Hand zu geben, mit denen sie klimaneutraler arbeiten kann. Gleichzeitig verweist sie auf die Behörden, die manches gut gemeinte Vorhaben blockieren. „Vergangenes Jahr hat hier jemand neben seinem Maisacker einen Blühstreifen für die Bienen gesät“, erinnert sie sich. Darauf hat das zuständige Landwirtschaftsamt den Landwirt angewiesen, den besagten Streifen wieder umzupflügen. Begründung: Die Fläche war für Mais ausgeschrieben und nicht für etwas anderes. Kommentar Monja Oechsle: „Wir versuchen etwas und bekommen es verboten.“ Von solchen Umständen bekommt die Öffentlichkeit aus ihrer Sicht aber nichts mit. Und so verfestigt sich der Eindruck, dass die Landwirtschaft nichts unternimmt. Auch das frustriert die Bauern.

Ähnlich sieht sie die Situation im Zusammenhang mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln. „Da wirft man uns vor, das Zeug massenhaft auf die Felder zu kippen.“ Die Realität ist eine andere, betont die Bäuerin. „Das sind teure Betriebsmittel, die genau dosiert ausgebracht und nicht verschwendet werden.“ Insgesamt vermutet Monja Oechsle hinter der vermeintlichen Ablehnung von möglichen Klimamaßnahmen etwas ganz anderes. „Ich glaube, die Kollegen wehren sich nicht grundsätzlich, sondern sie haben Angst.“ Die Betriebe fürchten sich vor der Ungewissheit, wie es für sie weitergeht – mit ihrer Tierhaltung und dem Ackerbau. Sie haben Sorge, dass alles in Frage gestellt wird, was sie sich aufgebaut haben. „Die Leute haben Angst vor krassen Veränderungen, so dass sie nicht mehr mithalten können“, betont die Landwirtin. Und diese Befürchtungen hat sie auch.