Landwirte reden Klartext
  • „Aufklären – sonst wird es schwierig“ Friedrich Blanke, Milchviehhalter

     

Auch in Zukunft werden Landwirte in der Lage sein, mit ihrem Beruf ein vernünftiges Einkommen zu erzielen. Milchviehhalter Friedrich Blanke ist da ganz sicher. Um künftige Aufgaben meistern zu können, braucht die Branche aber mehr Unterstützung der Verbraucher – und hier sieht der Sauerländer eine Herausforderung.

Lebensnotwendige Akzeptanz Landwirte wollen Verbraucher zurück ins Boot holen

 

Ein Dorf im Sauerland. Hier spielt sich das Leben von Friedrich Blanke ab – und zwar schon immer. Er ist hier aufgewachsen, im Ortsleben verwurzelt und hier geht er seiner Arbeit nach. Friedrich Blanke stammt aus einer Landwirtsfamilie – sein Vater hielt Milchkühe und er tut es auch. Mittlerweile stehen auch seine Söhne bereit, in den Betrieb mit einzusteigen. „Wir wollen weiterführen, was wir und die Generationen vor uns hier am Standort gemacht haben“, erzählt er. Dabei spricht er von Leidenschaft und Herzblut. Ihm gefällt, dass seine Kinder sich für die Arbeit auf dem Land begeistern. „Landwirtschaft ist ein Beruf mit Perspektive“, versichert der Sauerländer. „Mit bestimmten Gegebenheiten muss man eben zurechtkommen, aber man kann damit sein Einkommen erzielen – auch langfristig.“ Friedrich Blanke genießt das Leben auf dem Land, das Zusammenspiel zwischen Familienleben und dem Umgang mit Tieren und Natur. „Manchmal denke ich, es gibt nichts Schöneres.“ Das klingt nach Landromantik – doch der Landwirt ist Realist. Längst beobachtet er, wie sich die Dinge in seinem Umfeld verändern. Früher hielten noch viele Leute in seinem Ort selbst Kühe oder Schweine“, erzählt er. Hausschlachtungen waren normal. Die Bauern brachten ihr Getreide zur Mühle direkt im Dorf. Und die versorgte die drei örtlichen Bäckereien mit Mehl. Und heute? „Wir kaufen in Supermärkten und bekommen gar nicht mehr mit, wie die Lebensmittel dort hinkommen.“ Friedrich Blanke sieht, wie sein Berufsstand und der Rest der Gesellschaft immer weiter auseinanderdriften.


„Die Verbraucher verstehen kaum mehr, wie wir arbeiten, und viele haben die Wertschätzung für Lebensmittel verloren“, stellt der Landwirt fest. Und fehlende Akzeptanz werde es der Branche schwer machen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Gemeint ist damit das konsequente Wirtschaften nach hohen Standards beispielsweise in der Tierhaltung, in der Bodenbewirtschaftung und beim Umweltschutz. „Hier wollen wir die Dinge auch gerne weiter voranbringen“, betont der Sauerländer. „Aber langfristig wird das eine Stange Geld kosten und das können wir nur zusammen mit den Verbrauchern stemmen.“ Er gibt zu bedenken: „Wenn wir es nicht mehr schaffen, alles so umzusetzen, wie es politisch und gesellschaftlich gefordert ist, dann machen es eben andere auf dieser Welt.“ Ob international aber nach vergleichbaren Standards gearbeitet wird, bezweifelt Friedrich Blanke. Die Verbraucher sieht er daher gewissermaßen in der Pflicht, die deutschen Landwirte zu unterstützen. Er sagt aber auch: „Wenn wir in den nächsten Jahren wieder näher an den Verbraucher rücken wollen, müssen wir unsere Arbeit besser erklären.“ Zwar sei das eine große Aufgabe für seine Branche. „Aber ohne Aufklärung wird es schwierig.“ Allerdings müssen es die Landwirte sein, die den ersten Schritt machen. „Von allein kommt doch keiner zu uns.“ Der Milchviehhalter weiß: Vielen Berufskollegen fehlt die Zeit, sich um Öffentlichkeitsarbeit in eigener Sache zu kümmern. Dennoch ruft er beispielsweise dazu auf, zu Hoftagen einzuladen und dabei im eigenen Wohnort anzufangen. „Wir müssen unsere Nachbarn, Bekannten und Verwandten immer ein bisschen mitnehmen. Er nennt es wichtig, „dass wir daran arbeiten, dann kann es in den nächsten Jahren ganz erfolgreich werden.“

„Wir melken Kühe“ Tierwohl funktioniert nicht nur im Kleinen

 

Scheinbar unaufhaltsam verändert sich die Struktur der deutschen Landwirtschaft. Und das geschieht fast immer nach demselben Muster: Kleine Betriebe stellen ihre Arbeit ein und andere Betriebe übernehmen ihr Land und ihre Tiere. Mit anderen Worten: Die klassischen Kleinbetriebe verschwinden zusehends, während die übriggebliebenen Höfe stetig größer werden. Auch der Milchviehbetrieb von Friedrich Blanke ist gewachsen. Rund 210 Kühe stehen in seinem Stall. „Dazu kommt noch die weibliche Nachzucht mit etwa 150 Tieren“, erzählt er. Das war nicht immer so. Um Kapazitäten zu bündeln, hat er sich mit benachbarten Berufskollegen zusammengetan und eine GbR gegründet. „Wir sind aus drei Betrieben zusammengewachsen“, sagt er. Dabei geht es darum, Ressourcen sinnvoll gemeinsam zu nutzen – und um das Thema Arbeitsteilung. Friedrich Blanke spürt, wie sein Hof auf Außenstehende wirkt. „Die Leute sehen vor allem unseren großen Stall und halten uns deshalb wahrscheinlich für einen Großbetrieb.“ Dem hält er entgegen: „Sicher hätte jeder auch seinen eigenen kleinen Stall bauen können.“ Aber was hätte das gebracht? Es ist sinnvoller, die Arbeit an einem Standort gemeinsam zu machen. Schließlich wollen selbst Landwirte nicht 365 Tage im Jahr arbeiten. Das vergisst der Verbraucher häufig, findet der Milchviehhalter. „Mit unserem Team gelingt es, die Arbeit an unserem Standort super aufzuteilen“, so Friedrich Blanke. Er hat heute freie Sonntage, kann Urlaub machen und am Ortsleben teilnehmen. Und es sei wichtig, dass die nachfolgende Generation solche Beispiele sieht.


„Die meisten jungen Leute wollen doch einen Acht-Stunden-Arbeitstag und das kann sogar funktionieren, wenn man Kollegen hat und gut organisiert ist.“ Seine Hauptaufgabe im Betrieb ist die des Herdenmanagers. Als solcher sagt er auch ganz deutlich: „Ich kenne alle 210 Kühe genau so gut, wie ich früher meine 25 Tiere kannte.“ Tierwohl funktioniert aus seiner Sicht auch dann, wenn ein Betrieb auf Wachstum setzt. „Ganz nebenbei bei ich doch nicht allein im Stall – ich habe mindestens zwei Kollegen, die mich unterstützen.“ Aber nicht jedem gelingt es, sich vernünftig um seine Tiere zu kümmern oder die Arbeit auf dem Feld auflagenkonform zu erledigen. Landwirt Blanke berichtet: Die versuchen es auch gut zu machen, aber sie setzen die Auflagen nicht so um, wie die normalwirtschaftenden Landwirte“. In dem Zusammenhang berichtet er, dass sogenannte Schwarze Schafe von den Kollegen mit durchgezogen werden. Man bekomme das schon mit, wenn jemand nicht sachgemäß Gülle ausbringt, seinen Hof verkommen lässt oder seine Tiere nicht gut behandelt. „Aber man bevormundet solche Leute eben nicht, sondern zieht sie irgendwie mit durch.“ Froh ist Friedrich Blanke mit dieser Praxis nicht. Schließlich steht in der Regel die ganze Branche im Verdacht, sobald Verfehlungen öffentlich werden. „Das ist ja das große Problem.“ Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, solche Kollegen unter Druck zu setzen, sagt er. Ihm geht es nicht darum, jemanden anzuschwärzen. Das Ziel müsse immer sein, alle Kollegen mitzunehmen und sie auf einen guten Weg zu bringen, findet der Sauerländer Landwirt.