Landwirte reden Klartext
  • „Die Landwirtschaft muss sich nicht verstecken“ Andreas Kornmann, Sauenhalter

     

Sauenhalter Andreas Kornmann erzeugt das Schweinefleisch von morgen. Auf seinem Betrieb kommen Ferkel allein für den Zweck zur Welt, gemästet und für die weitere Verwertung geschlachtet zu werden. Von industrieller Massenproduktion will der Landwirt aber nichts wissen. Sein Ziel sind gesunde Tiere, denen es in ihrem kurzen Leben gut geht.

Runde für Runde Erfolgreiche Tierhaltung funktioniert nur respektvoll

 

Verbraucher schätzen das Fleisch vom Schwein – entsprechend verlangt der Markt hierzulande nach enormen Mengen. Laut Statistik hat jeder Deutsche im Jahr 2017 fast 36 Kilogramm Schweinefleisch verzehrt. In Summe sind das fast 2,9 Millionen Tonnen, oder anders gesagt mindestens 29 Millionen geschlachtete Tiere – darunter auch solche, die im Stall von Andreas Kornmann zur Welt gekommen sind. Sein Betrieb im hessischen Vogelsbergkreis erzeugt Ferkel, die für die Mast weiterverkauft werden. Der Lebensweg der jungen Schweine ist von Beginn an klar. „Man denkt schon darüber nach, dass all die Tiere geschlachtet werden, denen wir auf die Welt helfen“, erklärt der Landwirt. Aber das gehört aus seiner Sicht zur menschlichen Natur: „Wir erzeugen Fleisch, um es zu essen.“

Dennoch sieht er keinen Widerspruch darin, sich dem Wohl seiner Schweine verpflichtet zu fühlen. Das ist für ihn eine Frage von Respekt, Wertschätzung und Verantwortung. „Ich habe ein ehrliches Interesse daran, dass es meinen Tieren gut geht, von Geburt an bis zuletzt“, betont der Sauenhalter. Überhaupt findet er, dass Tierhaltung nur gelingt, wenn einem die Tiere am Herzen liegen. Und das gilt unabhängig von der Bestandsgröße für jede einzelne Kreatur. In seinem Stall hält Andreas Kornmann rund 500 Sauen. Der Familienbetrieb, den er mit Unterstützung seiner Frau und seiner Eltern bewirtschaftet, lebt davon, dass die bis zu 300 Kilogramm schweren Tiere fortlaufend trächtig sind und Junge zur Welt bringen. Jede Woche gebären 25 Sauen durchschnittlich 17 Ferkel. Im Abferkelstall werden die Neugeborenen 28 Tage lang von ihren Müttern gesäugt. Diese Zeit verbringen die Sauen im sogenannten Ferkelschutzkorb.

Landwirt Andreas Kornmann kennt die Kritik an der umstrittenen Vorrichtung. Er sagt dazu: „Wir schränken ihre Bewegungsfreiheit ein, um sicherzugehen, dass sie ihre Jungen nicht erdrücken.“ Es geht ihm darum, junges Leben zu bewahren – auch um seinen Ertrag zu schützen. Zugegeben: Ein klassischer Abferkelstall, wie ihn der Vogelsberger Landwirt betreibt, ist für Besucher kein wirklich einladender Ort – es riecht und eine gemütliche Kinderstube stellt man sich anders vor. Doch hier erleben die Ferkel echte Fürsorge: Ihre Geburt wird überwacht. Sie werden abgetrocknet und unter Wärmelampen  gelegt, um ein Auskühlen zu verhindern. Wenn sich Ferkel verirren, werden sie wieder ans Gesäuge gehoben. „Wir versuchen ihnen den Start ins Leben so gut und angenehm wie möglich zu gestalten“, erklärt Andreas Kornmann, der einmal in der Woche „eine Busfahrt“ mit seinen Tieren unternimmt. Denn nach dem Absetzen transportiert er die rund sieben Kilogramm schweren Jungtiere in den Ferkelaufzuchtstall. Dort wachsen sie in rund sechs Wochen auf etwa 25 Kilogramm heran.

„Dann verlassen sie unseren Betrieb“, sagt der Landwirt. Für die Muttertiere geht es mit dem Transporter zurück in den Sauenstall, wo sie zunächst schnell wieder besamt werden. Anschließend leben sie trächtig, gemeinsam mit neun Artgenossinnen in einer Bucht – bis sie kurz vor der nächsten Geburt wieder in den Abferkelstall umziehen. Der Landwirt erklärt: „Ferkelerzeugung ist ein ständiger Kreislauf.“ Kontrollierte Bedingungen und Prozesse sorgen dabei für bestmögliches Tierwohl und stabile Betriebsergebnisse. Andreas Kornmann sucht ständig nach Optimierungsmöglichkeiten, um seinen Tieren mehr Komfort bieten zu  können und die Leistungsfähigkeit seines Betriebs zu steigern. Einen maßgeblichen Faktor im „Pfennig-Geschäft“ Schweinehaltung nennt er die Verbraucher. Für sie hat er klare Botschaft: „Wer sich kleinere Bestände, sowie andere Haltungsbedingungen mit mehr Platz wünscht, muss an der Fleischtheke tiefer in die Tasche greifen.“

Es muss nicht wehtun Landwirte wollen Lösungen für das Reizthema Kastration

 

„Praxisferne Schnellschüsse.“ So nennt Andreas Kornmann die meisten politischen Beschlüsse zur Landwirtschaft. Es macht ihn wütend, dass die Branche ständig mit neuen, kaum umsetzbaren Auflagen überzogen wird. „Und fast immer wird nur aufgezeigt, wie es nicht gehen soll, statt funktionierende Vorschläge zu machen“, schimpft der Landwirt aus dem Vogelsbergkreis. Als Ferkelerzeuger erwartet er von der Politik endlich praktikable Lösungen für das Streitthema Kastration. „Wir Sauenhalter brauchen dringend die Erlaubnis,  die Eberferkel dabei in Vollnarkose versetzen oder lokal betäuben zu können“, erklärt er. So könnten die Eingriffe schmerzfrei erfolgen.

Das wäre gut für die Ferkel und entspräche gleichzeitig der öffentlichen Erwartung, findet der Schweinehalter. Genau deshalb will er vom Gesetzgeber ein Instrument an die Hand bekommen, das er und seine Berufskollegen selbst einsetzen dürfen. „Im Moment sind nur Tierärzte zum Narkotisieren befugt.“ Und weil der Einsatz von Veterinären personell und  wirtschaftlich kaum darstellbar ist, kann die Branche eben weiterhin nur unter Einsatz schmerzlindernder Mittel kastrieren. Allerdings: Bei Andreas Kornmann müssen die kleinen Eber diese Prozedur nicht über sich ergehen lassen.

Das funktioniert, weil er nur zwei Abnehmer beliefert. „Wir arbeiten seit Jahren eng zusammen und setzen gemeinsam auf die Ebermast“, erklärt der Landwirt. Entscheidend dabei: Man braucht einen Schlachthof, der auf Eber eingestellt ist. Denn das Ziel ist, in die Nahrungskette kein Fleisch mit dem unangenehmen Geruch gelangen zu lassen, der sich bei Ebern mit der Geschlechtsreife einstellen kann. In spezialisierten Schlachtbetrieben gibt es dafür geschulte Mitarbeiter, die an allen Schlachtkörpern riechen und sie gegebenenfalls aussortieren. So weit wollen es Andreas Kornmann und seine Geschäftspartner erst gar nicht kommen lassen. „Unser Ansatz ist, dass die männlichen Schweine ihr Schlachtgewicht möglichst noch vor dem Einsetzen der Geschlechtsreife erreichen“, erklärt der Sauenhalter.  

Er weiß, so tierfreundlich und nachhaltig kann er nur in einer gewachsenen, vertrauensvollen Geschäftsbeziehung arbeiten: „Würde ich für den anonymen Markt produzieren, hätte ich Schwierigkeiten meine Abnehmer von meinen Vorstellungen zu überzeugen.“ Dabei hält er die Eberhaltung für eine gute Methode, um das Reizthema Kastration in den Griff zu bekommen. Der Tierhalter betont jedoch, dieser Weg müsse für die Betriebe auch machbar sein. Und hier kommen Handel und Verbraucher mit ihren Vorbehalten gegen das Fleisch von männlichen Schweinen ins Spiel. Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit ist hier gefragt. Es gibt verschiedene Wege, den Umgang mit männlichen Ferkeln im Sinne der Tiere aber auch der öffentlichen Meinung zu verändern, findet der Landwirt. „Wir brauchen aber die Werkzeuge dafür.“ In dem Zusammenhang unterstreicht Andreas Kornmann seinen Standpunkt, dass „unsere Verantwortung für die Tiere nicht am Stalltor endet“. „Sie sollen ein gutes Leben haben, bis zum Schluss“, sagt er.

Geschützt vor Keimen Geschlossene Stalltüren dienen nicht der Abschottung

 

In der Schweinehaltung spielt Hygiene eine entscheidende Rolle. So wechselt Andreas Kornmann konsequent seine Kleidung, bevor er seinen Ferkelaufzuchtstall betritt. Auf diese Weise vermeidet er das Einschleppen von Keimen. Besucher müssen in seinen Ställen Schutzanzüge tragen. So oder ähnlich läuft es immer in Betrieben, die Schweine halten. Entsprechend gibt es auch an nahezu jedem Stall ein Schild mit der Aufschrift „Wertvoller Tierbestand – Für Unbefugte Betreten verboten“. Auch an den Stalltüren von Sauenhalter Andreas Kornmann hängen solche Tafeln. Er weiß: Besonders einladend wirkt das nicht. „Aber es wäre für unsere Tiere einfach zu riskant, wenn hier jeder unangemeldet hereinspazieren könnte.“ Der hessische Landwirt legt Wert darauf, dass seine Vorsichtsmaßnahmen nicht der Abschottung dienen. Warum auch?

Zu verbergen gibt es bei ihm nichts, erklärt er. Ihm geht es einzig darum, seine empfindlichen Ferkel vor Krankheitserregern zu schützen. Transparenz für die Öffentlichkeit will er trotzdem schaffen. „Denn ohne Einblicke in unsere Ställe ist es nachvollziehbar, wenn unsere Arbeit kritisch betrachtet wird.“ Und damit meint der Sauenhalter nicht nur den eigenen Betrieb. Er glaubt, seine Branche hat es in der Vergangenheit versäumt, die Verbraucher bei den Entwicklungsschritten zur heutigen modernen Schweinehaltung mitzunehmen. Die Konsequenz: „Die Leute kennen uns nur noch aus der Ferne und informieren sich, wenn überhaupt, in den Medien über uns.“ Die Realität in den Ställen passt aber nicht zu den Bildern, die im Internet und im Fernsehen gezeigt werden, findet Andreas Kornmann.

Damit meint er besonders die Bilder von überfüllten, verdreckten Ställen, sowie von vernachlässigten und leidenden Schweinen, die in der Regel von Tierrechtsorganisationen produziert und verbreitet werden. Solche Aufnahmen repräsentieren aus Sicht von Andreas Kornmann nicht die moderne Schweinehaltung. „Aber sie prägen das Bild unserer Branche in der Öffentlichkeit.“ Und das macht ihm zu schaffen: „Ich habe wirklich ein Problem damit, dass die Akzeptanz für meine Arbeit einfach fehlt. Dazu führt er aus, dass Landwirte erstklassige und dennoch preisgünstige Produkte erzeugen, die Lebensmittelversorgung sicherstellen und mit ihrer Arbeit zum Wohlstand in unserem Land beitragen. „Das alles wird von der Gesellschaft viel zu wenig anerkannt.“ Auch deshalb wünscht sich der Schweinehalter mehr Menschen, die sich direkt bei den Landwirten informieren, statt sich Bilder zeigen zu lassen, die sie für richtig halten.

„Wer mit mir unseren Stall wirklich besichtigt, wird sehen wie gut wir unseren Job im Sinne der Tiere machen.“ Man brauche ihn nur anzurufen und einen Termin auszumachen. Wer das nicht will, kann auch einen virtuellen Rundgang durch seine Stallanlagen unternehmen. Dafür hat Andreas Kornmann eigens einen QR-Code geschaffen und am Hofeingang angebracht. „Wer diesen mit dem Handy abscannt, kann im Internet Innenansichten unseres Betriebs besichtigen.“